Drei Stufen des Rollenspiels

Was steht im Vordergrund? Die Welt? Der Plot? Oder die Geschichte? Diese drei Ansätze ergeben drei verschiedene Stile ein Rollenspiel zu leiten. Theoretische Gedanken zum Rollenspielleiten.

Die hier beschriebenen Gedanken entstanden, während ich mir ein Video bei Orkenspalter mit Moritz Mehlem angesehen habe. Es gibt im Rollenspiel drei Stufen, wie man leiten kann.

Natürlich ist es ein unausgegorener Gedanke und es gibt tausend Arten und Weisen mehr, wie man leiten kann. Jedoch ist es für mich ein guter Leitgedanke (pun totally intended), wie man sein Spiel als Game Master auslegen und anlegen will. Die drei Stufen sind keine Rangliste, also nicht wertend.

Jede Spielleitung kann sich die Frage stellen: Geht es (hauptsächlich) um die Story, den Plot oder die Welt?

Story

Hier gibt es eine Geschichte, die abläuft, ob die Heldinnen dabei sind oder nicht. Also wie in einem Film. Die Kamera ist zwar immer mit den Protagonistinnen dabei, wenn diese sich aber nicht am Ort des Geschehens befinden, erfahren sie zum Beispiel erst hinterher von einem Banküberfall. Sind sie vor Ort, weil sie schon vorgängig vom Banküberfall erfahren haben, dann können sie ihn auch verhindern. Sitzen die Charaktere zu Hause auf dem Sofa und Essen Chips, geht die Welt halt unter, weil niemand etwas dagegen unternimmt.

Zusammengefasst: Die HeldInnen können die Geschichte verändern oder verhindern, aber auch verpassen. Es geht um Storytelling (im Rahmen von Simulation und Sandbox).

Plot

Die Spielleitung passt die Handlung der Story laufend an die Handlungen der Charaktere an. Sitzen die Charaktere zu Hause auf dem Sofa und Essen Chips, muss der Weltuntergang halt warten oder zu ihnen kommen. Der Storypunkt entrollt sich erst, wenn die Charaktere anwesend sind, sonst würden sie ihn ja verpassen.

Zusammengefasst: Die Geschichte besteht aus Eckpunkten (Plot), wie und wann und wo Dinge geschehen, bleibt aber völlig offen. Es geht um die Dramaturgie im nicht negativ gemeinten Sinne von Railroading; der Spannungsbogen soll erhalten bleiben.

Welt

Es gibt keinen Plot, Charaktere stolpern durch eine Welt in der nichts story-getriebenes geschieht und die Spielleitung schaut zum Beispiel mit Zufallstabellen, was passiert. Der Drache wohnt schon immer im Wald neben dem Dorf, in dem die Heroen aufgewachsen sind. Und wenn sie da zu früh und unvorbereitet hingehen, war es das für sie.

Es geht also «nur» um die Welt, gefüllt mit Orten, NSCs und Herausforderungen, die die Helden besuchen können; eine Geschichte gibt es aber nicht. Genau wie im echten Leben.

Zusammengefasst: Die Geschichte entsteht, indem man sie erlebt. Es geht um das Erkunden und Erfahren einer Welt (im Rahmen von Simulation und Sandbox).

Hier schliesst sich der Kreis. Weil hier ja auch alles einfach passiert, wie es in der Welt passieren soll, aber halt nicht als Geschichte, die chronologisch abläuft, sondern als Welt, die einfach so ist, wie sie ist.

Mein Rollenspielstil

Ich hoffe, die Beschreibungen geben einen Überblick, was die drei Stufen meinen und inwiefern sie sich unterscheiden. Meist ist das Spiel ja ein Mix aus den drei Stilen. Ich bevorzuge persönlich die erste Variante. Es gibt ein Verbrechen, wenn ihr es nicht lösen könnt oder wollt, so what!? Es ist passiert und es hat Folgen. Ihr geht woanders hin? Auch gut. Doch es gibt Plotpunkte, es gibt eine Story, die spannend zu verfolgen ist, wenn man ihr folgt. Man muss ihr aber nicht folgen.

Darum bin ich für eine Storytelling und plotgetriebene Spielweise, weil alles andere für mich nur stumpfsinniger Zufall ist. Ich will etwas erleben, wie James Bond und Indiana Jones. Die erleben tolle Geschichten und trampeln auch nicht einfach ein bisschen durch eine unbekannte Welt, in der Hoffnung es läuft etwas.

Meiner ist also der Story-Ansatz. Trotzdem werden die Spielenden nicht durch die Story geschleift. Und wenn sie das Kaufabenteuer durch unbewusstes oder absichtliches Abweichen kaputt machen und nie erfahren, was es mit der Geschichte auf sich hat, dann sei es drum – sie haben die freie Wahl.

Ich möchte erfahren, wenn es neue Artikel gibt!

3 Kommentare

  1. Ich glaube, dass es den dritten Stil („Welt“) nicht wirklich gibt. Wenn Spielrunden die Welt priorisieren, dann gibt es stattdessen eine plausible Weltsimulation, die eben nicht aus Zufällen besteht, sondern in der alles möglichst logisch zusammenhängt. Wenn also ein Drache auftaucht, dann hat dieser eine Hintergrundgeschichte und vor allem einen Grund, jetzt gerade dort zu sein und die Helden verspeisen zu wollen. Der Vorteil dieses Stils (den ich dennoch nicht präferiere) ist, dass die Gruppe die Realitäten der Spielwelt antizipieren kann. Sie kann sich also im Vorhinein darauf einstellen, die Eigenschaften der Welt proaktiv für sich nutzen und auf diese Weise den Plot selbst vorantreiben, anstatt auf das zu reagieren, was der SL ihr vorsetzt.

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