Cthulhu: Gestohlene Leben

Eine Geschichte, so verwirrend wie eindrücklich. Warum? Aufgrund von scheinbar unzusammenhängenden Hinweisen, seltsamen Ereignissen und unklaren Verhältnissen.

Das Abenteuer «Gestohlene Leben» aus dem Band «Kleine Völker» von Cthulhu ist 2002 bei Pegasus erschienen. Es ist also schon 20 Jahre alt. Der Band ist gedruckt mittlerweile vergriffen und darum war es mir ein besonders Vergnügen solch ein Zuckerstückli spielen zu dürfen. Das ist wahrscheinlich, wie wenn manch einer eine seltene Flasche Wein aufmacht.

Zu meinem Glück habe ich sogar noch eine solche Ausgabe von «Kleine Völker» gefunden und mir in gedruckter Form sichern können. Aber warum ist dieser Band überhaupt von Bedeutung und ist dieses Abenteuer so gut? Ich versuche, nicht zu spoilern.

Cthulhu in der Schweiz

Ich kann nicht einmal sagen, ob das Abenteuer so gut ist, weil ich voreingenommen bin. Ich bin Schweizer und das Abenteuer spielt in der Schweiz. Aha, so fühlt sich also ein Deutscher, wenn er Berlin, Kamborn, Ulm oder Hamburg bespielen darf. In der Schweiz haben wir Zürich, das Abenteuer spielt aber natürlich im abgelegensten Bergkaff, wo Rätoromanisch gesprochen wird, eine Sprache, die sogar kaum ein Schweizer verstehen kann. Es handelt von alten, real existierenden Sagen und natürlich kosmischem Horror.

Weit weg von allem

Diese geografisch abgelegene Situation hat immer ihren Reiz. So auch bei einigen anderen Cthulhu-Abenteuern wie zum Beispiel in «Der Sänger von Dohl». Wer sich in einem abgeschlossenen, abgelegenen System befindet, aus dem er nicht so einfach flüchten kann, hat gute Voraussetzungen, sich zu gruseln, wenn der Horror erst einmal einsetzt.

Grosse Verwirrung

Zum Abenteuer selbst kann ich sagen, dass wir drei Abende gespielt haben. Wir spielten online: drei deutsche Spieler, ein Schweizer Spielleiter und ich. Es waren eher kurze Sessions zwischen zwei und drei Stunden und ich war die ganze Zeit verwirrt. Es regnet kryptische Informationen, während des Spiels, die alle ziemlich abgefahren sind, aber so gar nicht zusammenpassen wollen. Was soll das alles und was hat es miteinander zu tun? Hat es überhaupt etwas miteinander zu tun? Und wer sind hier die Bösen?
Diese Verwirrung ergreift die Charaktere und die Spielenden gleichermassen, was zu einer grossartigen Gefühlskongruenz führt.

Wie auf Schienen

Das Abenteuer ist ein Schienenstrang, Railroading pur und ich habe als Spieler zwar einen Einfluss auf die Geschichte, aber nicht wirklich auf deren Verlauf. Darauf muss man sich einlassen können. Ich will diese Geschicthte erleben und mich mittendrin befinden, ich will sie nicht ändern, das ist die richtige Attitüde für «Gestohlene Leben». Wer mit diesem Ansatz an das Abenteuer herangehen kann, erlebt eine seltsame und eindrückliche Abfolge von Ereignissen.

Bilder in meinem Kopf

Der visuelle Höhepunkt der Geschichte, falls man das in einem im Kopf stattfindenden Abenteuer überhaupt so sagen darf, ist noch nicht einmal der Höhepunkt der Geschichte. Dramaturgisch jedenfalls nicht. Doch das wohl eindrücklichste Bild geschieht auf einem Nebenschauplatz und brennt sich ins Gehirn. Ein Bild, dass in einem Horrorstreifen vielleicht wenig Eindruck hinterlassen würde, kommt hier so unerwartet, dass es einen trifft, wie eine Faust in die Magengrube.

Alles in allem

Das Abenteuer hat mich denn auch ein paar Tage lang beschäftigt. Die Hintergrundstory ist noch nicht einmal das Tolle daran, wie so oft bei Cthulhu, sondern das Erlebte im Vordergrund. Diese vor sich hin stolpernde Handlung, die einen von seltsamer Situation zu noch ungewisserer Situation schleift. Ich kann das Abenteuer nur empfehlen, besonders für Schweizer, die das Bündnerland kennen.

Ich möchte erfahren, wenn es neue Artikel gibt!

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