Online Rollenspiel

Online vs am Tisch. Beides ist Rollenspiel mit echten Menschen, beides hat seine Vor- und Nachteile und beides macht tierisch Spass.

Als Pen and Paper in den Siebzigerjahren erfunden wurde, gab es die Möglichkeit online zu spielen noch gar nicht. Später wurden ganz viele Ideen und Features aus dem Tabletop RPG in PC-Games gesteckt: das Hochleveln, die Antwortenauswahl in Adventures, das Wandern und Kämpfen in RPG’s. Und überhaupt der Name Role-playing Game für Computerspiele.

Online oder live

Heute gibt es zwei Fraktionen: die einen, für die die Vorteile des Onlinespiels überwiegen und die, die es nach wie vor besser live vor Ort mögen. Es gibt Communitys wie Rollen-spieler.com, die schwören auf das online Spielen. Für eingespannte Familienväter und fleissige Arbeiter, bleibt mehr Zeit für Vorbereitung und Spiel. Es ist weniger stressig, sich an den Computer zu setzen, als irgendwohin zu reisen und dann erst spätnachts wieder nach Hause zu kommen. Und es ist weniger schlimm, wenn eine Runde zu spät beginnt oder ganz abgesagt werden muss. Alle sind schon wieder zu Hause, bzw. noch immer zu Hause.

Auch für Computer-Nerds und Technik-Freaks bietet das Online-Rollenspiel viel Zusatzfreude. Plattformen, Plug-ins, Module, Bild- und Tondatenbanken, Erweiterungen… Eine Fundgrube an Material, dass installiert, geprobt und bearbeitet werden will. Doch was sind schliesslich die Vorteile des Online-Spielens?

Vorteile online

  1. Kein Weg-und-Zeit-Verlust

Alle können bei sich zu Hause spielen, niemand muss anreisen. Spiele über weite Distanzen, ja gar über mehrere Länder und Kontinente sind möglich.

2. Mehr Immersion

Wenn ich keine spassige Runde am Tisch habe, die ständig Out-game-Bemerkungen machen, weil die Pizza im Ofen gerade fertig ist, ich dafür im dunklen Zimmer vor dem Monitor sitze und gespannt der Musik, den Geräuschen und Erzählungen des Meisters lausche, bin ich viel tiefer in der Fantasie drin.

3. Pandemie

Wer hätte damit gerechnet, aber soziale Spiele, die einfach online weitergespielt werden (wie Schach oder Rollenspiel) haben in einer Pandemie einfach gewonnen. Fast keine Einschränkungen.

Nachteile online

  1. Distanziertheit

Oft wird online auch mit Fremden oder zumindest nicht mit Freunden gespielt, die man aus dem echten Leben kennt. Das Hobby verbindet zwar, aber das Geburtstagsfest, die Grillparty und der Wanderausflug wird dann mit anderen Personen, den realen Freunden, gemacht. Und wer ohne Kamera spielt, sieht seine MitspielerInnen gar nicht. Keine Grimassen, Gesten, überraschte Gesichtsausdrücke. Da fehlt ein bisschen menschliche Interaktion im Online-Rollenspiel.

2. Weniger Immersion

Wer während des online Spielens auf Lautsprecher schaltet, unterdessen Minis anmalt oder die Küche aufräumt, auf den Balkon rauchen geht oder den Einkaufszettel schreibt, ist im Spiel nicht wirklich dabei. Live am Tisch ist das nicht möglich, sonst wird man schnell zurechtgewiesen. Dasselbe gilt für das Herumspielen mit dem Handy oder dem zu vielen Trinken von Alkohol. Am Tisch ist man präsent, dafür sorgen auch die anderen. Online ist man selbst für seine Präsenz verantwortlich.

3. Weniger sozial

Seinen MitspielerInnen ins Gesicht blicken, zusammen lachen, dem Nebenmann auf die Schulter klopfen, Snacks mitbringen, gemeinsam Pause machen, sich anderweitig austauschen… All dies findet online kaum oder gar nicht statt. Weil es schlicht nicht geht. Online zu spielen ist wie ein Online-Meeting: es ist effizienter, dafür weit weniger sozial.

Mehr Gedanken zum Online-Rollenspiel

Wenn ich Pen und Paper spiele, will ich Pen und Paper spielen, wie ich es kenne. Online-Pen-und-Paper hat den Namen Stift und Papier oft gar nicht mehr verdient. Niemand hat mehr einen Stift oder einen Block vor sich, der Charakterbogen ist digital, die Notizen werden getippt, gewürfelt wird virtuell, oft ganz abstrakt indem eine Formel in den Chat getippt wird. Eigentlich müsste es dann Keyboard-Mouse-and-Screen-Rollenspiel heissen.

Solange ich beim Pen und Paper meine Fantasie benutzen muss und halt über einen Sprachchat rede, statt über direkte Schwingungen in der Luft, ist mir das kein so grosser Unterschied. Der Fakt, dass ich die anderen nicht unbedingt sehe, hilft sogar, als Spielleitung Dinge unauffälliger nachschlagen oder vorbereiten zu können, auch während des Spiels. Zusätzlich nimmt es manch einer/einem die Hemmung vor dem ausspielen der Rolle, weil der Bühneneffekt (alle schauen zu) ausfällt.

Bloss kein Computerspiel

Wichtig ist mir persönlich, dass das Rollenspiel online nicht zum Computerspiel wird. Wenn ich nur noch Bodenpläne, umherfahrende Zeichentrickfiguren, computeranimierte Zauber und vom Programm berechnete Kämpfe habe, dann ist das für mich nicht mehr immersives Rollenspiel, sondern entspricht einem Computerspiel auf dem Stand der Neunzigerjahre. Dann bin ich nicht im Spiel drin, muss die Regeln nicht mehr kennen und identifiziere mich nur wenig mit dem Männchen, das da auf dem Bildschirm herumfährt. Das ist dann für mich eher animiertes Brettspiel und bringt mir weniger Spass.

Gleichstand

Ansonsten kann ich dem Onlinespiel viel abgewinnen. Es ist unkompliziert, findet einfacher und häufiger statt, man findet einfacher ein paar unverbindliche MitspielerInnen und gerade für die Spielleitung bietet die Technik viele tolle Möglichkeiten für Karten, Handouts, Musik, Soundeffekte und Bilder. Tischrollenspiel vs Online-Rollenspiel? Für mich gleichwertig.

Ich möchte erfahren, wenn es neue Artikel gibt!

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