Cthulhu: Masken des Nyarlathotep New York

Im eisig kalten Winter von New York geschieht Unerwartetes, das eine ganze Kampagne starten könnte. New York ist als Kapitel dieser Kampagne weitläufig, offen und gesellschaftlich unkorrekt. Was ist nur los und wie passen wir da rein?

Ich habe mich schlau gemacht, wie lange andere für die komplette Kampagne gebraucht haben. Wobei nicht so klar ist, wie viele Spielende da am Tisch sassen, ob sie jede Side-Quest mitgenommen haben und welche Edition sie genau davon spielten. Das Ergebnis liegt bei zwei bis vier Jahren. Wir könnten länger brauchen.

Dehnbare Zeit

Ziemlich genau ein Jahr benötigten wir für den Prolog in Peru und das Kapitel in New York zusammen. Allein sieben von zwölf Sitzungen spielten wir in New York. Manchmal dauerte es zwei ganze Monate von einer Session zur nächsten, obwohl wir eigentlich einen zweiwöchigen Rhythmus einhalten wollten. Aber so spielt das Leben eben. Und eines muss ich, den Hut ziehend, anerkennen: die Spielenden haben die Hinweise so akribisch verfolgt, wie es geht, den hintersten Winkel des Abenteuers ausgekundschaftet und mit jedem NSC gesprochen, der vorgesehen war, sowie mit einigen, die ich dazuerfinden musste.

One Man Down

In New York verloren wir auch einen Spieler. Nicht, weil sein Charakter draufging, sondern weil er out-game keine Lust mehr auf Cthulhu hatte. Die Lebensumstände in der realen Welt verändern sich manchmal und da muss zwischen D&D 5e und Cthulhu 7e entschieden werden. Sein Charakter verschwand, ich verwob sein Verschwinden mit der Story, was wunderbare emotionale Momente mit sich brachte. Und der verlorene Charakter hätte einen fabelhaften, effektvollen Schreckensmoment abgegeben, wenn die Gruppe diesen nicht einfach umgangen hätte. Das ist in Ordnung, zwar schade, aber in Ordnung.

Was für ein Monster!

Ich habe es schon einmal angetönt und betone es gerne wieder: diese Kampagne ist ein Monster. Ich komme zwar langsam damit klar beim Leiten, weil ich endlich für mich den Dreh halbwegs raushabe, aber dieses Rollenspiel-Baby stellt einen vor richtig viele Herausforderungen. Angefangen bei der Terminfindung der Gruppe, beim Festhalten und nachträglichen Verstehen von Notizen, beim Überblicken von Nichtspielercharakteren, beim Abrunden von einzelnen Session, beim Ausbalancieren der Tödlichkeit, beim Überblicken des Plots und der einzelnen Hinweise, beim Zusammenhalten der riesigen Sandbox, welche «Masken des Nyarlathotep» nun einmal ist.

Ich kann hier nicht nennen, wie viele Schauplätze es gibt oder welche Persönlichkeiten vorkommen, ich verrate möglichst wenig vom Plot und schon gar keine Hinweise. Das hier ist für Menschen, die einen Appetizer benötigen oder das Ding schon gespielt haben. Es sind Gedanken zu meiner Gefühlswelt, während wir das Ding spielen.

Du musst Rollenspiel mögen

Diese Kampagne ist definitiv etwas für Rollenspielerinnen und Rollenspieler. Das klingt banaler, als es gemeint ist. Sie ist für Leute, die gerne ihren Charakter ausspielen. Wer sich auf Action und Kämpfe freut, soll unbedingt den Pulp-Modus anwerfen, der in der siebten Edition sehr schön aufbereitet wurde. Die Helden sind in Pulp robuster und die Angreifer häufiger, die Geschichte actionlastiger und die Tödlichkeit unberechenbarer. Wer richtig Bock auf ausgedehnte Gespräche mit ausgebufften Charakteren hat und gerne Hinweise zusammensetzt, bis sich das wirklich grosse Bild so langsam ergibt, ist in dieser Kampagne im klassischen Stil genau richtig.

New York, New York                      

Lass mich noch ein wenig auf New York eingehen. Dieses Kapitel ist der ursprüngliche Start der Kampagne. Dementsprechend gemächlich geht es auch los. Das Kapitel ist sozusagen die Aufwärmübung. Da in der neuen Edition der Prolog in Peru vorne drangeschraubt wurde, ist dies eigentlich gar nicht so nötig, aber okay. Peru ist ein schlauchiger Few-shot, welcher einem einen stimmungsvollen und sehr stereotypen Einstieg in Cthulhu gibt. Das meine ich im positivsten Sinne, denn ich mochte das Abenteuer im Gegensatz zu anderen Rezensenten.

New York ist ein anderes Kaliber. Hier purzeln die Hinweise, Namen und Orte zuhauf, Personen werden aufgesucht, weltbekannte Örtlichkeiten besucht und allmählich beginnt den Charakteren zu dämmern, dass sie da etwas auf der Spur sind. Was ich daran mag, ist, dass es Januar und Winter ist in New York. Es ist kalt und unwirtlich. Schon damals war NY eine richtig grosse Grossstadt mit viel Dreck, Kriminellen und Polizei. Es gibt die High Society, Anwälte und Gefängnisse, zwielichtige Gestalten und interessante Figuren, die nicht sind, was sie anfangs zu sein scheinen. Das Abenteuer ist eine massive Sandbox, die nicht zwingend örtlich, aber von den Verbindungen und Informationen her anspruchsvoll ist.

Was gut ist und was nicht

Und deshalb kommen wir zu dem, was ich nicht so mag an diesem Kapitel. Ich weiss, wie schwierig es ist, ein Pen-and-Paper-Abenteuer zu strukturieren. Manchmal macht Chronologie keinen Sinn, doch wenn es nicht chronologisch ist, wie soll es dann gegliedert sein, denn ein Buch wird nun einmal von vorne nach hinten durchgeblättert? Viele kleine Szenarien sind von den Autoren hier sehr gut durchdacht und gut gemeint. Sie lassen einen als Spielleitung nicht allein mit all den «Was wäre wenn deine Spielenden Folgendes tun»-Gedanken. Doch so manche Informationen sind weit über das Kapitel verteilt, sodass ich an drei Stellen gleichzeitig nachlesen muss, um im Dialog widerzugeben, was die Person den Charakteren mitzuteilen hat. Ein Ding der Unmöglichkeit, Überforderung pur, denn Ungereimtheiten rächen sich später meist bitter.

Die gute Nachricht ist, man gewöhnt sich daran! Irgendwann kriegt man so ein bisschen das Gefühl für die Kampagne, den Aufbau des Buches, den Ablauf der Geschehnisse und die Art und Weise des Spiels der Gruppe. Es fängt an zu fliessen und obwohl wir uns relativ straight an die Story halten und die Spielenden glücklicherweise keine übertriebenen Eskapaden veranstalten, provoziert Masks of Nyarlathotep verdammt gutes Rollenspiel.

Wie geht es weiter?

Die Angst bleibt, dass noch bevor wir die Hälfte durchhaben, weitere Leute aus der Gruppe keine Lust, Zeit oder Motivation mehr für die Kampagne haben. Wie gesagt, wir stehen am Ende von Kapitel eins und ein Jahr in Echtzeit ist an uns vorübergegangen.

Im Spiel können die Investigatoren von New York aus reisen, wohin es sie gelüstet. Sie haben die finanziellen Mittel, eine Menge spannender Hinweise und alle Zeit der Welt. Ausserdem einen guten Grund.

Wir haben noch keinen Charakter verloren, mit Ausnahme des genannten freiwilligen Ausstiegs, die Spielenden spielen vorsichtig und ich leite vorsichtig. Und das ist für alle Beteiligten gut so. Die Zeit wird bestimmt kommen, in der wir uns nach New York zurücksehnen. Doch jetzt ist es gut, geht die Reise endlich los. Auf nach London, die zu der Zeit grösste Stadt der Welt, wo das Abenteuer auf die Investigatoren wartet – immer auf den Spuren ihres Freundes und dieser legendären, geheimnisvollen Expedition.

Masken des Nyarlathotep New York Gefängnis

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4 Kommentare

  1. Wenn die Masken-Kampagne eins ist, dann keine Sandbox. Sie so zu beschreiben, lässt ich etwas ratlos zurück. Ja, sie ist ein Schwergewicht. Doch die vielen Abzweigungen, die hier geboten werden, laufen alle auf ein Ziel zu. Ein Beispiel: Ihr reist nach London. Niemand ist überrascht. Jeder reist nach London. Und alles, was sich Spieler zuvor in New York oder Peru aufgebaut haben, liegt buchstäblich Seemeilen zurück. Der Weg ist schlicht vorgegeben.

    Und Peru, mit allen logischen Konsequenzen gespielt, verhindert mit aller Gewalt ein tolles Finale. Falls deine Spieler zur Pyramide gereist sind, dann hatten sie schlicht Respekt vor deiner Arbeit. Die logische Konsequenz ist es, die Pyramide für immer im Vergessenen liegenzulassen.

    In einem Punkt stimme ich dir zu: Der ursprüngliche Einstieg mit Amerika ist verworren. Verständlich, wenn das mit einer Sandbox verwechselt wird. Schlussendlich ist das Amerika-Kapitel einfach nur überladen.

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