Cthulhu: Schreckensherrschaft

Dieses geniale Abenteuer spielt in Frankreich während der Französischen Revolution, ist blutig und bizarr und das kompletteste, das ich bisher gelesen habe.

Ich spiele und leite nicht nur gerne Rollenspielabenteuer, ich lese sie auch gerne. Da ist es dann gar nicht so schlimm, wenn ein Abenteuer sich wie ein Buch liest, obwohl das ja viele Sandbox-Fans jeweils verteufeln. Ich mag das.

Ein Rollenspielabenteuer liest sich meines Erachtens sogar besser als ein Buch. Es ist grafisch aufbereitet, eingängiger und liefert Hintergrundinformationen zu Geschichte und Charaktere. Meistens ist es auch nur 50 bis 150 Seiten lang und nicht 1000, wie so manches opulente Buch. Achtung: Spielen kann man ein Abenteuer nach dem Lesen meistens nicht mehr, deshalb lese nur, was du nicht spielen willst.

Fabelhafte Abenteuer

Schreckensherrschaft von Pegasus, beziehungsweise Reign of Terror von Chaosium ist so ein fabelhaftes Abenteuer. Noch nie habe ich mich beim Lesen so gegruselt, wie bei diesem: «Schreckensherrschaft, Horror unter der Guillotine». Auch, weil es den/die Leser/Leserin nicht schont und auch, weil da reale Geschichte dahintersteckt, die an sich schon gruselig und gewalttätig genug wäre, käme da nicht auch noch der Cthulhu-Mythos hinzu.

Dabei hat mich die Französische Revolution in der Schule reichlich wenig interessiert, die Fortsetzungsgeschichte Horror im Orientexpress genauso wenig und auch das Wesen des Antagonisten löst bei mir keine Begeisterungsstürme aus. Trotzdem hat mich dieses Buch gepackt und nicht mehr losgelassen. Die deutschsprachigen Rezensionen sind denn auch durch das Band weg gut bis grossartig.

Vorgefertigte Charaktere

Schreckensherrschaft erschafft eine kohäsive Investigatorengruppe aus Individuen mit spannenden Lebensgeschichten. Dass sie sich dabei in dieser dekadenten Zeit befinden und zwischen Verderben, Armut, Hoffnung und grausiger Dekadenz hin- und hergerissen werden, ist eine phänomenale Voraussetzung für ein tolles Spiel. Sechs Charaktere sind fix fertig bereit gespielt zu werden. Wer lieber einen eigenen Soldaten entwirft, findet auch dazu Hilfestellung im Abenteuerband.

Nichts ist brutaler als Geschichte

Die realen Begebenheiten sind es, die dieses Szenario so gruselig machen. Noch keine 250 Jahre ist es her, als noch Köpfe auf Pfählen durch europäische Strassen getragen wurden. Die Dekadenz und Brutalität wird so weit ausgemalt, dass es immer nur knapp über den Horizont des Erträglichen hinausschwappt. Das, was Squid Game bei mir überhaupt nicht geschafft hat, weil zu unlogisch, zu anbiedernd und zu plakativ, schafft dieses Cthulhu-Abenteuer namens Schreckensherrschaft umso mehr.

Was ich in der Schule nicht verstanden habe, hat mich Cthulhu nun gelehrt. Aufgrund dieses Abenteuerbandes habe ich mir YouTube-Videos angesehen, die mir die Voraussetzungen und Abläufe der Französischen Revolution noch einmal im Detail erklärten.

An alles gedacht

Das Abenteuer ist dabei so gut aufbereitet, dass keine Fragen offen bleiben, eventuelle Abweichungen schon vorweggenommen und Alternativen angeboten werden. Die Handlung ist eng geführt, aber wo will man denn auch individuell sein, als Befehle befolgender Soldat?

Die Illustrationen sind von einem meiner Liebelingsillustratoren Victor Leza, der sonst auch für Warhammer Fantasy Role-play illustriert und diesen wunderbaren Spagat zwischen Realität und Comic schafft.

Tolles Buch

Der gesamte Plot entspinnt sich über 130 Seiten in einem hübschen Hardcover-Band mit Prägedruck und Lesebändchen. Für alle, die sich mit der Französischen Revolution, Real-world-Grusel und bizarren Zeiten mit gepuderten Perücken anfreunden können, sollten sich dieses Abenteuer unbedingt besorgen. Wer es nicht leiten oder spielen will, soll es sich wenigstens durchlesen. Für mich eines der besten und gewiss das kompletteste Cthulhu-Abenteuer, das ich bisher gelesen habe.

Ich möchte erfahren, wenn es neue Artikel gibt!

Kommentare

7 Antworten zu „Cthulhu: Schreckensherrschaft“

  1. […] von Cthulhu etwas Neues: über Völker in Neuginea 1890, über ägyptische Ausgrabungen, über die Französische Revolution und wie es dazu kam, über Polar-Expeditionen und über Gangster in den Goldenen Zwanzigern in […]

  2. […] Muster. Oder auch Petersens Abscheulichkeiten und eigentlich sogar mein geliebtes Abenteuer «Schreckensherrschaft», das sich zwar wie eine Mini-Kampagne anfühlt, aber eigentlich aus zwei Abenteuern besteht, die […]

  3. […] Vielleicht bin das nur ich, aber durch Rollenspiel verarbeite ich so viele Informationen. Auserdachte und reale, dass ich nicht nur ständig Informationsbrocken aufnehmen, verarbeiten, abspeichern und einordnen muss, ich muss auch unterscheiden können, was wahre echtweltliche Information ist und was bloss Fiktion. Durch Rollenspiel habe ich viel geschichtliches Wissen konsumiert und memorisiert, das mich noch in der Schule nicht die Bohne …. […]

  4. […] Bei Cthulhu jedoch findet die Erklärung der Welt direkt in den Abenteuern statt. London, Paris, Hongkong und New York in den 20er-Jahren kann nämlich jede/r selbst nachlesen, wenn er möchte. […]

  5. […] Bestandteil des Abenteuers, es hätte aber die Möglichkeit gegeben, ihn aufzusuchen. Aufgrund des historischen Settings wäre es für die Spielercharaktere nur natürlich gewesen, von dieser allseits bekannten Person […]

  6. […] enorm wahnsinnig extrem an den Ghoul namens Guillaume aus dem famosen Cthulhu-Abenteuerband «Schreckensherrschaft», welchen ich gerade leiten darf. Da war wohl jemand inspiriert. Nicht die einzige Stelle, in der […]

  7. […] hast für Call of Cthulhu, Dungeons & Dragons und Warhammer gearbeitet, was für mich Grund genug ist, ein noch […]

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