Einstiege ins Entsetzen ist nicht etwa der Titel des Abenteuers, sondern die Beschreibung, wofür dieses Buch gedacht ist. Es ist die buchgewordene Einsteigerbox für Cthulhu.
Drei kurze und prägnante Abenteuer, von denen jedes an einem Abend durchgespielt werden kann. Dabei soll jedes Abenteuer ein bis zwei Stunden dauern und einen Eindruck davon geben, was das Rollenspiel Cthulhu ist, wie es funktioniert und wie es sich anfühlt.
Gleich zu Beginn wird ein kurzer Abriss über die wichtigsten Regeln gegeben. Gespielt wird natürlich in den 20ern. Keine Technologie, kein Internet, keine Mobiltelefone – nur das unverfälschte Leben zwischen zwei Weltkriegen.
Abenteuer für Conventions
Die Storys wurden für Conventions erdacht. Dort wird ein Abenteuer oft viele Male an einem Tag gespielt. Damit möglichst viele einen Eindruck erhalten und ein System kennenlernen können. Selten sind Cthulhu-Abenteuer so unkompliziert in der Herangehensweise, wie diese drei. Alles daran ist vorbereitet und einfach. So mag ich das.
Ein guter Zufall
Mir kam das Buch gerade sehr gelegen, weil ich einen Freund habe, der aus Zeitmangel nicht regelmässig Warhammer Fantasy Rollenspiel mit uns spielen kann. Einem One-shot hie und da ist er aber nicht abgeneigt. Regelmässig habe ich darüber nachgedacht, welche Cthulhu-One-shots, die ich besitze, sich für eine Spontanrunde eignen würden. Manche sind fünf, sechs Stunden oder zwei Sessions lang, für andere müsste man vorher eine ausführliche Einführung geben und Charaktere erschaffen.
Bei Einstiege ins Entsetzen jedoch, sind für alle Abenteuer massgeschneiderte, vorgefertigte Charaktere dabei. Das Szenario ist jeweils einfach zu begreifen, die Handlung übersichtlich, die nötigen Regelkenntnisse überschaubar. Die mitgelieferten Charaktere sind meist so angelegt, dass sie als Frau oder Mann gespielt werden können. Wunderbar.
Die Nekropole
Pyramidenhorror im Stile von Indiana Jones. Ich bin ganz Ohr. Mir gefällt die Einführung und Erklärung. Hier werde ich wirklich an die Hand genommen. Mir wird erklärt, wie ich das Abenteuer mit vier, drei, zwei oder nur einem Spieler (oder einer Spielerin) spiele. Wie ich dafür die Werte anpasse. Wie ich neue Investigatoren dazu erfinde. Sogar, welche Fertigkeiten für dieses Abenteuer besonders hilfreich sind. So viel Hilfsbereitschaft ist man sich nicht von allen, beziehungsweise vielen Cthulhu-Kaufabenteuern gewöhnt.
Es entfällt der lange Einstieg, das Heranführen an den Horror. Um es in einem Bild zu sagen: der Ring an der Granate ist schon abgezogen. Im Moment des Abenteuerstarts springt der Hebel um und alles wartet nervös auf die bevorstehende Detonation. Es gibt einen Anfang, ein Problem und viele Lösungen, wenn auch «Lösungen» in Anführungszeichen. Das Abenteuer ist enorm cthulhu-würdig und es ergibt sich bestimmt ein toller Spielabend, auch für Unwissende und Debutanten.
Was ist da im Keller?
Doofer Titel, stimmt. Und als ich anfangs die Zusammenfassung der Geschichte lese, denke ich mir: das hatte ich doch gerade schon, einfach in einer Pyramide. Aber das Gerüst ist nicht, was die Geschichten in diesem Buch ausmacht. Es sind nämlich kaum welche. Doch als ich den Augangspunkt lese, bin ich sofort drin. 1929 in New York. Wir müssen dem armen Mann doch helfen!
Hier gibt es dann auch eine Story dahinter, die auch noch richtig gut ist. Hier ist Investigation angesagt, abgelegener Ort inklusive. Die Hinweise zusammenzutragen und zusammenzufügen, macht dabei besonders Spass. Ein Artefakt spielt eine wichtige Rolle. Gelingt einem eine Lösung, die man auch noch überlebt, ist es eine besondere Genugtuung, dem Auftraggeber, die Lösung schliesslich präsentieren zu können.
Der tote Gast
Die Geschichte um den Pensionsgast James Gardiner ist an sich nicht komplex, doch erinnert sie mich in ihrer Art schon mehr an die üblichen Cthulhu-Abenteuer, die ich kenne. (Zu) viele Informationen, Investigatoren mit Beziehungen, eine Vorgeschichte, von der ich erst im Epilog sicher bin, dass ich sie verstanden habe.
Trotzdem ein Abenteuer, welches einen wunderbaren Einstieg in die Welt des Cthulhu-Rollenspiels darstellt. Überlebende Investigatoren könnten in die Welt hinausziehen und der Sache genauer auf den Grund gehen wollen. Und was mir an diesem Abenteuer besonders gefiel, war die Mini-Cthulhu-Einlage innerhalb der Geschichte. Solche Flashbacks, die kurz auf den grösseren Zusammenhang anspielen, gibt es meiner Meinung nach viel zu selten.
Einstiege ins Entzücken
Kritiker könnten sagen, es ist dreimal derselbe Plot. So wie es bei Cthulhu immer derselbe Plot ist. Zum Glück bin ich kein Kritiker. Lies dazu meinen Artikel «Cthulhu, immer das Gleiche», falls dieser schon erschienen ist.
Das Buch löst bei mir alles andere als Entsetzen aus, denn es hält, was es verspricht. Es ist die Instant-Kiste für Cthulhu. Sofort erfährt und versteht jede/r, worum es hier eigentlich geht. Diese Klarheit und Einfachheit, die gut vorbereiteten Handouts, Erklärungen, Einstiege und Enden sind eine wahre Freude. Ich weiss, dass dies bei langen Abenteuern oder gar grossen Kampagnen beinahe unmöglich zu leisten ist. Doch sollte es je jemand schaffen, die Eingängigkeit von Einstiege ins Entsetzen in einen grösseren Massstab zu übersetzen, dann hätte dieser jemand in der Tat den Heiligen Gral des Rollenspiels entdeckt.
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