Zwei seltsame Begriffe. Ist das Wort Rollenspiel für Uneingeweihte nicht schon seltsam genug? Grob gesagt, definieren die beiden Begriffe Aktivitäten der Rollenspielcharaktere ausserhalb der Story. Aber schauen wir uns das genauer an.
Eine Taverne ist eine Schenke, das mittelalterliche Pendant zur heutigen Kneipe. Und Barbie ist eine Plastikpuppe, die Ende der Fünfzigerjahre erschien und bis heute ein unrealistisches Schönheitsideal für Kinder und Erwachsene abgibt.
Tavernenspiel
Tavernenspiel ist ein Begriff im Pen und Paper. Kein offizieller, aber ein in der deutschsprachigen Szene weitverbreiteter. Tavernenspiel ist, glaube ich, einfach zu definieren: Tavernenspiel ist das, was während des Rollenspiels geschieht, während keine Handlung vorangetrieben wird. Es ist das Sich-im-Charakter-miteinander-austauschen. Also zusammen an einem virtuellen Tisch, in einer virtuellen Taverne sitzen, ein virtuelles Bier trinken und als virtuelle Person über ein virtuelles Leben quatschen.
Tavernenspiel geschieht also vorwiegend dann, wenn in der Geschichte sogenannte «downtime» ist. Dann, wenn die Charaktere am Lagerfeuer sitzen, statt Rätsel zu lösen oder in die Schlacht zu ziehen.
Barbiespiel
Auch Barbiespiel ist ein Begriff im Pen and Paper. Ich glaube aber, weit weniger verbreitet, als Tavernenspiel. Es bedeutet, dass ein Spieler oder eine Spielerin sich abseits des Spieltisches mit seinem oder ihrem Charakter beschäftigt, beziehungsweise in Gedanken damit spielt.
Die Charaktererschaffung ist genaugenommen auch schon Barbiespiel. Denn hier überlege ich mir: wie sieht mein Püppchen aus, was trägt es, was kann es, was hat es erlebt, wohin will es, wie spricht es, was treibt es an und was mag es gar nicht? Wie statte ich es aus? Doch die Charaktererschaffung ist nahezu unumgänglich, ausser man nimmt sich einen vorgefertigten Charakter und liest ihn sich nur einmal durch.
Doch so richtig Barbiespiel ist es eigentlich erst, wenn ich mir ausserhalb der Sessions regelmässig überlege, was mein Charakter so tut, was er so erlebt, was er so anzieht. Denn wie das oft so ist, tragen Helden, Abenteurer und Investigatoren manchmal jahrelang die gleichen Klamotten und man munkelt, sogar die gleiche Unterhose.
Beim Barbiespiel tut man gedanklich das, was man früher vielleicht mit Barbiepuppen, Lego-Männchen oder Playmobil getan hat. Sich Geschichten ausdenken, die niemand anderen betreffen. Es geht darum sich gedanklich mit dem zu beschäftigen, was man selbst beeinflussen und verändern kann: als Rollenspieler*in ist dies eben der eigene Charakter.
Ein zusätzlicher Faktor des echten Barbiespiels ist vielleicht, dass dies der Aspekt des Spiels ist, der die Spielerin oder den Spieler besonders glücklich macht, diese Beschäftigung mit der eigenen Spielfigur.
Spielen zwischen den Sessions
Ob das auch Barbiespiel ist, weiss ich nicht. Aber mir gefällt es, mich vor und nach dem eigentlichen Spielabend mit der Welt, den Abenteuern und den Charakteren (SC wie NSC) zu beschäftigen. Ich denke darüber nach, ich denke mich hinein, schreibe auf und entwerfe inexistente Welten, Personen, Kreaturen, Historie. Das ist Charaktererschaffung, Worldbuilding, Storytelling und vieles mehr.
Mir würde etwas fehlen, wenn ich mich nur die drei Stunden an dem einen Abend mit dem Ganzen beschäftigen könnte. Aber das liegt vielleicht einfach daran, dass ich lieber spiele, als ein Gamer zu sein; wenn du weisst, was ich meine.
Letztens jagte gar ein absurder Gedanke durch mein Hirn, der mich schmunzeln machte. Als ein Spieler die Session absagte, weil er einen anderen Termin hatte, sagte ich ihm mit einem Augenzwinkern: «Dann spiele ich als Spielleiter halt einfach alleine!» Weitergedacht: Dann laufen die Zeit und die Welt halt ohne euch weiter. Dann seid ihr selbst Schuld, wenn langsam der Wald niederbrennt, während eure Charaktere nicht da sind oder tatenlos zusehen. War natürlich nur Spass – glaube ich.
Auch passend zum Thema: Charakternamen
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