Es gibt die Gamer, die kein Problem damit haben Monster, Aliens und Menschen gleichermassen umzumähen. Es gibt die Simulationisten für die Mord ein schreckliches, moralisch verwerfliches Mittel und nur der letzte Ausweg ist. Und es gibt die Narrativisten, die wissen, dass eine gute Geschichte sich oft um Todesgefahr, Bedrohung und den Kampf gegen das Böse dreht.
Der Haken – das Böse gibt es nicht. Und da beginnt das Dilemma mit den Orks. Von Tolkien als hässliche grauschwarze Masse mit nur niederen Instinkten und kaum schützenswerten Eigenschaften etabliert, die nur zum Kämpfen und mordlustig marodierend durch die Lande ziehen, weil sie dem Bösen dienen; hin zu liebesfähigen, kulturellen Familien-Orks, die eine eigene Geschichte, eigene Werte und hehre Ziele haben. Deshalb ist die Frage: «Darf man Orks töten?» mehr als berechtigt.
Orks
Gesichtslose Massen, die uns vernichten wollen, funktionieren als Bedrohung am allerbesten. Stormtroopers sind austauschbar und, ähnlich wie Kampfroboter, haben sie keine Lebensgeschichte. Sie kommen nirgendwoher und gehen nirgends hin. Ihr Ziel ist es nur, die Guten aus der Welt zu schaffen. Sie sind nicht zu unterscheiden, einer ist wie der andere. Sie haben kein Geschlecht und keine Gefühle, sie sind nur da um zu töten oder getötet zu werden. Darum ist jede Gegenwehr total legitimiert. Denn Gewalt erzeugt Gegengewalt. Einfach nur zuzusehen und auch die andere Wange hinzuhalten, das können nur vollkommene Menschen und Mahatma Gandhi.
Monster
Wenn aber Monster unsere friedliche Existenz bedrohen (wir verteidigen uns ja nur!), dann ist Gewalt scheinbar gerechtfertigt. Die Grenze erreicht der Held oder die Heldin immer dann, wenn Böse und Gut zu verschwimmen beginnen. Wenn ich bei Witcher 3 durch die Lande ziehe und durch und durch böse Wasserweiber, hirnlose Ertrunkene und fiese Nekker niederstrecke, dann säubere ich die Ländereien vor der dunklen Bedrohung und schaffe den Bewohnern dadurch ein friedlicheres und gewaltfreieres Leben. Ich tue also «Gutes». Was ist allerdings, wenn ich durch den Wald reite und da ist ein Rudel Wölfe oder ein Bär? Die haben doch mindestens genauso (oder mehr) das Recht, in diesem Wald zu sein und Eindringlinge zu vertreiben. Wenn ich dann diesen Bären töte, den ich für ein Monster halte, ist er das dann auch? Oder ist er ein friedlicher Bär und ich der Eindringling, der ihn mit meinen Schwertern existentiell bedroht?
Menschen
Und jetzt denken wir das weiter. Wenn ich Banditen treffe, die hilf- und wehrlose Bauern foltern, dann habe ich das Recht, wenn nicht sogar die Pflicht, diese zu bekämpfen, damit die guten Leute in Frieden leben können. Wenn ich aber Menschen aus dem Weg räumen soll, die jemandem im Weg stehen, für welche Seite entscheide ich mich? Ist Geld ein adäquater Grund, um das für irgendjemanden «Böse» zu bekämpfen? Ist Böse und Gut so eindeutig trennbar?
Wieder Orks
Und jetzt zurück zu den Orks. Wenn Orks einfach nur schlecht programmierte Killermaschinen wären, dann ist es unsere Pflicht, sie zu bekämpfen und darauf zu hoffen, die Welt damit vor dem Untergang zu retten. Wenn sie allerdings Familienclans sind, die ihre Kinder lieben, ihre Existenz bedroht sehen und wir ein für sie unverständliches Wesen sind, dass sie zu Monstern erklärt (wie beispielsweise im Film «Warcraft»), dann ist die Aufteilung der Rollen nicht mehr ganz so klar. Dann spielt es bereits eine Rolle, welche Seite der Autor oder Regisseur mit seiner Geschichte begleitet, welche Befürchtungen, Leiden und Hoffnungen er aufzeigt und wen er als gesichtslose Masse mit seltsamen Gebräuchen und herzlosen Ritualen darstellt.
Ich
Darum kann ich Rollenspiel spielen, wenn die Orks entweder wie in Lord of the Rings eine hässliche Welle des Hasses sind, oder ich kann es spielen, wenn sie unsere (wenn auch ungehobelten) Freunde und Verbündeten sind, wie in Dungeons & Dragons. Wenn sie zu Freunden werden, fehlt aber die grosse, dunkle Bedrohung einer Fantasywelt enorm. Womit ich meine Mühe habe, ist der Ansatz, wo Orks zivilisierte Humanoide sind, diese aber immer noch zu den Monstern zählen. Dann greift meine Moral und Ethik und ich bin etwas verwirrt.
Unter- oder überlegen
Orks sind übrigens nur exemplarisch für dieses Gewaltdilemma. Ebenso kann man Goblins oder Drachen dazu heranziehen. Drachen sind in manchen Erzählungen menschenhassende, goldgierige Ungeheuer – dann fällt es leicht, sie zu bekämpfen. In anderen Geschichten sind sie jedoch weise, uns Menschen in Intelligenz und Stärke überlegene Wesen, die von Menschen aus Hass und Habgier gejagt werden. So schnell, kann die Betrachtungsweise wechseln, so schnell wird Gut zu Böse und umgekehrt.
I am sorry
Es tut mir leid, wenn ihr beim nächsten Ork, den ihr auf dem nächsten Schlachtfeld antrefft, zögert und Gewissensbisse bekommt. Oder nein, wenn ich es mir genau überlege, eigentlich tut es mir nicht leid.
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