Cthulhu Schnappatmung

Cthulhu, Schnappatmung (Rezension)

Acht Abenteuer unterschiedlichster Art für nur einen Spielabend.

Wieder eine Cthulhu-Produktion deutschsprachigen Ursprungs, beziehungsweise aus dem Hause Pegasus Spiele. Im 70 Seiten umfassenden Softcover-Band «Schnappatmung» befinden sich sieben Kurzabenteuer sowie eine Anleitung, wie man ein Spontanabenteuer aus dem Hut zaubert. Der altbekannte «5 Room Dungeon» wurde hier ins Lovecraft-Land verlegt und wurde dadurch zur «5-Raum-Villa». Nicht alle Abenteuer würden sich ohne Vorbereitung so einfach leiten lassen, aber dazu gleich mehr.

Ich gehe die einzelnen Abenteuer der Reihe nach durch. Ich habe diese noch nicht gespielt oder geleitet. Aber ich kann zumindest sagen, was ich daran mag oder nicht. Die Rezension eines geleiteten Spiels hängt schliesslich auch immer stark von der Art und Grösse und Erfahrung und Stimmung der jeweiligen Gruppe ab. So, los geht’s!

Die Fünf-Raum-Villa

Hier baut man sich in fünf Akten und mit ganz vielen Ideentabellen ein Abenteuer selbst.

Die Idee ist nicht originär, aber mir gefällt die Herangehensweise. Obwohl ich sie ziemlich sicher nie benutzen werde. Ich mag es, wenn gute Ideen verschlüsselt bleiben. Dann bewahren sie ihren Zauber. Sobald sie seziert werden, und das muss eine Anleitung nun einmal tun, wird das Kunstwerk zum Strickmuster.

Das Geheimnis der Familie Fenning

Familie Fennings Geheimnis kann an einem Abend durchgespielt werden und spielt in einem Herrenhaus ausserhalb der Stadt.

Die Gefahr bei Kürzestabenteuern ist jeweils, dass keine wirkliche Story zustande kommt. Oder auch, dass die Investis keinen Anlass haben, der Gefahr zu folgen. Da müssen die Spielenden meist ihren Investigatoren einen Ruck geben, damit die auch tatsächlich kopfüber in die Gefahr stolpern. Auch in diesem Abenteuer erschliesst sich mir nur halb, weshalb einer Einladung gefolgt werden soll, nur weil jemand angekotzt worden ist. Oder warum die Investis Recherchen anstellen sollten, aufgrund eines zufälligen, bedeutungslosen Zusammenstosses. Weil sie wissen, dass sie in einem One-shot stecken und das Spiel sonst vorbei ist?

Allerdings ist dieses Abenteuer in seiner Kürze wunderbar beschrieben. Ich kann mir die wenigen Szenen sofort lebhaft vorstellen und es könnte Spass machen, wenn sich die Spielenden auf den, entschuldigen Sie die Wortwahl, «plumpen Quickie» einstellen können. Ich werde es testen.

Die Jagd

Die Jagd ist sehr einfach gestrickt. Das Abenteuer sagt dir nicht, wo du genau bist. Es sagt auch nicht, wie es da genau ist. Nur, was da genau ist. Damit hat es sich auch schon. Ich mag Dschungelabenteuer zwar sehr, genauso sehr wie Wüstenexpeditionen, doch da greife ich voraussichtlich lieber auf «Die letzte Ruhe der Minna B.» aus dem Band Expeditionen zurück. Das geht dann natürlich länger als drei Stunden, ist aber auch umso stimmungsvoller.

Aussergewöhnliche Zeiten

Diese Abenteuergeschichte finde ich überraschend, originell und schon beim ersten Lesen kitzelt mich da etwas. Das habe ich noch nicht gelesen. Diese Idee lässt sich grandios in eine lange Kampagne einbauen. Sie enthält ebenfalls Teile, die noch ausgearbeitet werden wollen, weshalb es noch ein bisschen Arbeit seitens der Spielleitung braucht. Es ist ein wildes Gedankenexperiment, dessen Ausgang von den Spielenden abhängig ist. Ausserdem wird für einmal auf den Endboss verzichtet, was eine willkommene Abwechslung ist. Aussergewöhnliche Zeiten ist ein aussergewöhnliches Cthulhu-Abenteuer.

Ein traumhafter Sud

Es geht um… Bier! Eine phänomenale und abgefahrene Geschichte führt zu einer Bierverkostung der cthulhuesken Art. In einer Box wird sogar empfohlen, die In-game-Verkostung mit einer Out-game-Verkostung zu kombinieren. Ob es das braucht, ob das hilft, ob es funktioniert? Keine Ahnung. Die Idee einen Zusammenhang zwischen Spielenden und Charakteren über Geschmacksknospen herzustellen, finde ich jedenfalls prima. Bisher kannte ich nur den Weg über Trommelfelle, respektive Musikstücke.

Ein traumhafter Sud bietet eine sehr überraschende und willkommene Fantasy-Geschichte in den Traumlanden, die ich so nicht erwartet hätte. Ich musste mehrfach grinsen, während ich mir den Text zu Gemüte führte und freue mich jetzt schon darauf, das Abenteuer zu leiten. Selbst ohne die echte Bierverkostung dazu zu machen. Wirklich tolle Idee.

Endstation

Das Abenteuer Endstation geht in die gleiche Kategorie, wie «Die Jagd». Eine Umgebung definieren, einen Gegner bestimmen und fertig ist das Abenteuer. Zwar gibt es hier endlich eine Karte und ein Handout dazu, aber die Geschichte lässt mich kalt. Als Plus muss man sagen, dass ein Abenteuer wie dieses wirklich aus dem Stand geleitet werden kann. Nach dem Kopieren des Handouts natürlich.

Hinter Gittern

Eingesperrt und dazu bedroht. Eine gute Anlage für etwas Panik.
Im Gefängnis.

Schleichfahrt

Eingesperrt und dazu bedroht. Eine gute Anlage für etwas Panik.
Im U-Boot. Nein, es ist kein Fehler, dass hier der gleiche Text noch einmal steht. Schleichfahrt ist jedoch ein unbehagliches und stimmungsvolles Stück Cthulhu.

Fazit

So richtig «out oft he park geknockt», wie die Amerikaner sagen, haben es für mich die beiden Abenteuer «Ein traumhafter Sud» und «Aussergewöhnliche Zeiten». In dieser Reihenfolge. Allein für die beiden lohnt es, sich diesen Band zuzulegen. Natürlich, wenn man den gleichen Geschmack hat, wie ich.

Auch von der Abenteuermenge her, gibt es hier wieder richtig etwas fürs Geld. Die Pegasus-Softcoverbände sind immer so günstig und bieten so viel Inhalt. Wenn es ein aufbereitetes und gestaltetes Abenteuer keine zwei Euro kostet, gibt es fast nichts zu meckern. Oder doch?

Zu Beginn war ich etwas enttäuscht. Manchmal sind mir die Abenteuer zu knapp, zu einfach. Denn Abenteuer unterscheiden sich ja nicht nur darin, dass sie in einem U-Boot oder im Dschungel oder in der Bibliothek stattfinden. Wenn der Plot dann nur noch aus «Du wirst im Wald gejagt» besteht, dann brauche ich kein Buch dafür.

Ich finde die Idee des Buches, welche Chefredaktor Heiko Gill (hier Interview lesen) so treffend im ebenso knappen Vorwort zusammenfasst, eigentlich gut: «Wenn es einmal schnell gehen soll». Manche dieser Abenteuer sind dann aber leider auch so gehaltvoll wie Dosenravioli und Tütensuppe. Nicht so jedoch die beiden hochgelobten, hervorgehobenen und herausragenden Abenteuer. Denn in diesen «aussergewöhnlichen Zeiten» könnten wir doch alle einen Schluck «traumhaften Sud» gebrauchen.

Ich möchte erfahren, wenn es neue Artikel gibt!


Beitrag veröffentlicht

in

,

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert