Tiny Dungeon 2e

Tiny Dungeon 2e (Rezension)

Tiny Dungeon will besonders klein sein und doch alles bieten, was ein Rollenspiel braucht. Die Kunst ist, wegzulassen, was nicht benötigt wird. Ob es das schafft?

Ich werde ein wenig ausholen. Denn es gibt eine Vorgeschichte dazu, weshalb ich mir Tiny Dungeon 2e geholt habe.

Rules light

Ich bin ein Rules-Light-Fan. Ich wollte selbst das regelleichteste Regelwerk für Rollenspiele erfinden. Es sollte irgendwas mit «Tiny» heissen. Dann stellte ich fest, dass alle Namen, die ich mir ausgedacht hatte, schon von irgendjemandem in den letzten dreissig Jahren bentutz worden waren. Auch war mein Regelwerk nicht wirklich gut. Ich gab auf.

Ich denke mir ein Regelwerk

Sich ein Regelwerk auszudenken ist enorm schwierig, es aufzuschreiben noch viel schwieriger. Das musste ich bereits beim Erarbeiten der Mass Combat Regeln schmerzlich feststellen. Im Kopf ist ein Durcheinander, das aber irgendwie trotzdem Sinn macht. Es dann aufzuschreiben, sodass alle Regeln weiterhin nebeneinander stehen, obwohl sie nacheinander aufgeschrieben, respektive gelesen werden müssen, das ist echt hart zu bewerkstelligen.

Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Regelwerke und Settings von Laien nicht mit den professionellen Werken mithalten können: zu wenig Zeit, zu wenig Evolution, zu wenig Manpower.

Tiny Dungeon

Tiny Dungeon wurde in Artikeln und Podcasts als «extrem rules light» angekündigt. Es werden eigentlich nur 1W6 gebraucht und das immer, egal was du spielst. Das ist nicht unwahr. Aber … der Reihe nach.

Proben werden bei Tiny Dungeon mit W6 gewürfelt. Üblicherweise mit 2W6. Wenn du in etwas gut bist, dann mit 3W6. Bist du nicht so gut in einer Sache, dann 1W6. Immer. Egal, welche Waffe du hast, welche Probe du machst, welche Klasse du spielst. Oder wie die Klassen in Tiny Dungeon heissen: Vermächtnis.

Ein minimalistisches Spiel sollte auch minimalistisch viel Lore, Spezies und Anhänge haben. Mir ist das hier schon zu spezifisch, zu wenig generisch. Die Elfen heissen hier Feen, werden aber dann doch im ersten Satz als Elfen erwähnt. Auch die restlichen Vermächtnisse (welch schlimmes Wort) sollen das Spiel einzigartig machen, hätten aber für ein Tiny-System gerne allgemeiner ausfallen dürfen. Ich persönlich wollte ja hier das leichteste Regelwerk und nicht das originellste Fantasy-Rollenspiel kaufen. Aber vielleicht bin ich genau damit bei Tiny Dungeon ein wenig gescheitert: an den Erwartungen.

Was mich stutzig macht

Die Punkteverteilung auf Attribute und Fertigkeiten und der Schaden den man austeilt, sind für mich die einzigen sinnvollen Stellen, wo man nicht sparen sollte. Genau hier spart Tiny Dungeon mit seiner Mini-Mechanik von 2W6 aber.

Dann behauptet es, dass Magie nicht so genau geregelt ist und hier «gehandwedelt» werden muss. Danach unterteilt es aber trotzdem in vier verschiedene Sorten von Magiebegabten, magische Gegenstände und zwei Schulen der Magie, nämlich Kristallmagie, Onyxmagie, Smaragdmagie, Diamantmagie, Rubinmagie, Saphirmagie. Und ähm, der Arkanologe arbeitet mit Spruchrollen als Magie, welche aber nicht zu den magischen Gegenständen gehören.

Fazit

Ich hätte es wirklich gerne allgemeiner, einfacher und weniger eigenständig gehabt. Ein kleines, simples Regelwerk, dass einfach zu merken ist und Sinn macht. Eines, dass überall hinpasst und das wenig eigenen Geschmack hat. In dieser Hinsicht ist Mausritter das «Rules Light Game», welches mir bisher am besten gefällt. Kinderleicht zu verstehen, drei Attribute, basta!

Irgendwann schreibe ich an meinem «Rules-Light-Grundregelwerk» weiter. Und es wird vielleicht mechanisch nicht top sein, aber es wird extrem regelleicht sein. Viel regelleichter noch als Tiny Dungeon. Denn das gefällt mir zwar, aber will meines Erachtens immer noch zu viel regeln.

Was Tiny Dungeon gut kann, ist in einem kleinen Buch ein komplettes und einfaches Rollenspiel zu liefern. Und das ist wahrscheinlich auch, was es will und wollte. Hier drin hast du alles, was du für eine Rollenspielerfahrung brauchst. Andererseits schaffen das auch andere (bessere) Spiele auf 200 Seiten.

Tiny Dungeon ist nicht ganz so tiny, wie es vorgibt zu sein. Und es ist nicht Dungeon, sondern Fantasy. Es besticht mit seinen hübschen, tiny Comic-Illustrationen und den einfachen Regeln, der Vollständigkeit und Übersichtlichkeit. Es ist alles da: Regelwerk, Bestiarium, Setting und ein paar sehr wenige Abenteueraufhänger.

Ist es ein komplettes Rollenspiel in nur einem Buch im A5-Format? Ja, das ist es. Perfekt, um es mit in den Urlaub zu nehmen, wenn kein Platz vorhanden ist. Könnte man stattdessen auch einfach ein anderes, dir bekanntes Regelwerk nehmen und eine Story spielen, die die SL schon kennt, bzw. erfinden? Aber sicher. Tiny Dungeon ist gut, bzw. bietet einiges. Aber leider nichts, was andere nicht auch oder gar besser liefern. Und das war es, was ich mir erhofft hatte: nämlich das leichteste, kompakteste, überall anwendbare Rollenpiel der Welt. So simpel und genial wie ein Hammer, statt komplex wie eine Tischfräse. Aber vielleicht werde ich mich daran irgendwann versuchen.

Ich möchte erfahren, wenn es neue Artikel gibt!


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Kommentare

Eine Antwort zu „Tiny Dungeon 2e (Rezension)“

  1. Avatar von Blum

    Toller Artikel. Ich bin ebenfalls Autor eines Miniregelwerks und kenne die Probleme nur zu gut. Ich kann dir in allem nur zustimmen.

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