denizens of the dark wood

Sind Orks nur grüne Menschen?

Sind Orks nur grüne Menschen? Sind sie auch noch Orks, wenn sie schön, gebildet und vernünftig sind? Ist das zeitgemäss und korrekt oder nur noch absurd?

Im neusten D&D-Regelwerk, das mit den zwei Jahreszahlen, sind Orks spielbar und die Spezies unterscheiden sich nicht mehr. So handhabt es auch mein Lieblingsregelwerk «Warlock!», die Völker spielen mechanisch keine Rolle.

Obwohl ich den Grundgedanken davon gutheisse, nämlich jeglichen Rassismus zu vermeiden und keine Physiognomik zu betreiben, ist das Resultat davon irgendwie sinnlos. Nämlich Menschen mit anderen Äusserlichkeiten zu spielen. Als ob das Volk, die Rasse, die Spezies nur eine andere Kleidung wäre.

Ein heikles Thema

Menschen kennen keine Rassen. Es gibt verschiedene Herkünfte und äussere Merkmale, doch wir sind alle Menschen. Das soll nicht unterschieden werden. Dafür stehe ich ein. Doch in der Fantasy haben wir eben genau das: menschenähnliche Spezies, die eben nicht Menschen sind, sondern sich von uns unterscheiden. Genau das macht doch den Reiz von Fantasy aus, oder nicht?

Und da ist es dann auch klar, dass diese Unterschiede vielleicht auch zu interessanten Spannungen und Vorurteilen führen. Diese lassen uns im Rollenspiel genau die Situationen spielen, die wir im wahren Leben nicht haben wollen. Wir können uns unserer Emotionen und Vorurteile bewusst werden, uns klar werden, was in Ordnung ist und wo die Grenze überschritten wird. Das ist gut. Finde ich.

Orc Butcher by Peter Meijers
Picture: Peter Meijers, Pinterest

Meine Definition von Orks

Ich liebe Orks. «Meine» Orks sind die von Warhammer, Grünhäute. Oder auch die von Warcraft, wenn sie mit Durotan auch schon zu menschlich sind. Oder die von Tolkien. So wie er sie beschrieben hat, nicht so, wie sie in den Filmen vorkommen; schon gar nicht in den Hobbit-Filmen. Pfui.

Meine Faszination von Orks ist diese Wildheit, diese dunkle Bedrohung und diese rohe Kampfeslust, die wir Menschen nicht verstehen und um jeden Preis vermeiden wollen. Das ist gefährlich und es bleibt nichts übrig, als sich zu verteidigen, weil diesen Kreaturen mit Vernunft nicht beizukommen ist. Das habe ich mehrmals beschrieben.

Darf ich Orks töten?

Alles über Orks

Orks: Sie scheuen den Kampf nicht, definieren sich sogar darüber, prügeln sich untereinander und machen den Platz des Anführers durch Intrigen und blutige Kämpfe aus. So wie auch die Skaven bei Warhammer. Orks sind muskulös, aber nicht wie Conan der Barbar frisch aus dem Gym und Ork-Frauen, falls es diese gibt, sind niemals sexy. Schau dir die Orks auf dem Cover des Mittelerde-Rollenspiels «Überfall im Düsterwald» an, siehe Hauptbild dieses Beitrags. Niemand käme auf die Idee mit diesen Kerlen zu diskutieren, geschweige denn gemeinsame Kinder zu zeugen.

Halandil Fang Critical Role Camaign 4
Bild: Critical Role

Der schönste Ork, der jemals lebte

In der anstehenden vierten Kampagne von Critical Role spielt Liam O’brien einen Ork namens Halandil Fang. Nun ist dieser Ork, nach neusten D&D-Regeln und Critical-Role-Manier ein gutgebauter Schönling mit vollem Haar. Er entspricht unserem menschlichen Schönheitsideal so sehr, dass er als Model durchgehen würde und Schauspieler in Hollywood werden könnte. Er ist schöner als der Durchschnittsmensch. Er ist ein menschlicher Beau mit grüner Haut und Hauern. Wo bleibt da der Sinn? Ganz abgesehen davon, dass bei mir jeder Elf Halandil heissen könnte, aber kein Ork.

Side note: Vielleicht ist der schöne Halandil auch «nur» ein Halbork, auch das eine schräge Erfindung, die den Spielenden die Möglichkeit geben sollte, Orks zu spielen, bevor man den Mut hatte, Orks komplett aus dem Monster Manual zu streichen.

Nur oberflächlich anders

Wenn Orks, Elfen, Tieflinge und Drachenblütige in jede Schenke gehen können, ohne schräg angeschaut zu werden, dann ist die Spezies rollenspielerisch und mechanisch nur noch reine Kosmetik und hat keinen Einfluss mehr, wie wir spielen oder angespielt werden.

Wenn es am Ende so ist, dass wir alle eigentlich Menschen spielen, die einfach nur eine andere Bezeichnung, grüne Haut, spitze Ohren oder einen Bart haben, dann geht der Fantasy mächtig etwas verloren. Es ist zwar dann politisch korrekter, aber das wars auch schon. Es bleibt weniger Raum für soziale Experimente, Interpretation und Fantasie.

Orc Shaman by Jonathan Vair aka Stigmata
Picture: Orc Shaman by Jonathan Vair aka Stigmata

Wir bleiben Menschen

Dann folgt natürlich die Diskussion, dass wir ja sowieso nur Menschen spielen können, weil wir ja nicht wissen, wie Elfen und Zwerge überhaupt sind. Wenn wir etwas von ihnen «wissen», dann nur zwei, drei klischierte Eigenschaften. Das stimmt schon. Aber genau das ist doch das Interessante. Unbekanntes Territorium, die Möglichkeit zur eigenen Interpretation, zum Ausprobieren. Denn dafür ist Rollenspiel ja da. Wir wissen ja auch nicht, wie ein Magier, ein Ritter oder ein König sich verhalten würde. Auch das basiert alles nur auf Klischees. So what?

Ein grüner Mensch

Am Ende läuft es immer auf dasselbe raus. Jede und jeder soll Rollenspiel so spielen, wie es ihr/ihm guttut. Mir sind Orks, die jeden Schönheitswettbewerb gewinnen würden, zuwider. Mir sind Orks die einen Namen tragen, um den Elfen sie beneiden, suspekt. Mir sind Orks, die Kleidung tragen, die jeder Barde für seinen Auftritt anziehen würde, zu bizarr. Und wenn am Ende nur ein überdurchschnittlicher Mensch mit grüner Haut bleibt, wozu ihn dann Ork nennen?

Pignose orcs
Auch das waren mal Orks. Schweinenasen aus der ersten Edition von Dungeons & Dragons.

Ich möchte erfahren, wenn es neue Artikel gibt!

Kommentare

2 Antworten zu „Sind Orks nur grüne Menschen?“

  1. Avatar von Rüdiger
    Rüdiger

    Ich stimme dir voll zu, dass eine regeltechnische Unterscheidung manchmal absurd, oft problematisch ist.

    Wenn, müsste man die auch bei Menschen einführen, da es auch bei Menschen Herkunftsregionen gibt, die sich auf deren „Rollenspielwerte“ auswirken.

    Sinnvoller ist eher eine Unterscheidung nach Kulturen, in denen die Charaktere aufgewachsen sind. Die könnten sich dann auf erlernte Fertigkeiten auswirken (so sie im Regelsystem berücksichtigt werden) und das Ausspielen der Charaktere.

    Viele Grüße
    Rüdiger

  2. Avatar von ghoul

    Zu diesem Artikel sage ich: ja!

    Kleine Ergänzung zu Halborks: In AD&D 1e sind sie spielbar, aber alles andere als angesehene Mitglieder der Gesellschaft. Sie erhalten nicht nur -2 auf Charisma und werden meist Kämpfer oder Assassinen, es ist auch implizit, dass sie eine verachtete Randgruppe darstellen. Wie du schreibst, kommt niemand auf die Idee, mit Orks Kinder zu zeugen – freiwillig. Man kann sich ausrechnen, dass AD&D-Halborks das traurige, schambehaftete Produkt von durch Orksöldner begangene Kriegsverbrechen sind.

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