Die perfekte Rollenspielrunde gibts

Die perfekte Rollenspielrunde

Am letzten Treffen leitete ich ein altes Cthulhu-Abenteuer der unkonventionellen Art. Viele Faktoren führten dazu, dass dies die perfekte Rollenspielrunde wurde.

Ich hatte den ganzen Morgen lang Kopfschmerzen. Ich wusste nicht, ob ich an diesem Abend eine Runde würde leiten können. Es war die zweite von Penandpaper.blog organisierte ONE SHOT NIGHT und ich hatte einen von drei Tischen zu leiten.

An diesem Morgen betrieb ich noch ziemlich viel Aufwand. Ich zeichnete die Dorfkarte auf Pappe, druckte Charakterblätter aus, entwarf Namensschilder für die Spielenden und Charaktere, packte zusätzliche Würfelsets als Geschenk für die Spielenden ein und auch Würfelteller, Schreibzeug und Kaffee.

Aber was machte diesen Abend völlig unerwartet zur perfekten Rollenspielrunde? Es waren folgende Dinge.

Die ideale Zusammensetzung

Wenn du mit Fremden spielst, kannst du nicht wissen, ob die Leute cool sind, ob sie dich cool finden und ob sie deinen Stil mögen. Dann kommt es sehr stark darauf an, wie die Leute sich verstehen und ob sie sich gut oder blöd finden. Ich bin selbst ein kritischer Geselle. Bei dieser Runde hatten wir das grosse Glück, dass die Chemie auf Anhieb stimmte. Und wenn die Chemie stimmt, entflammt sich alles wie von selbst.

Es gab waghalsigere Manöver als bei meinen fixen Runden und trotzdem war niemand eingeschnappt, wenn einer etwas Schräges tat. Alle hatten einen ähnlichen Humor und ich habe selten (oder nie beim Rollenspiel) so viel gelacht, wie an diesem einen Abend. Es war magisch.

Das richtige Abenteuer

Wir spielten Cthulhu. Aber diesmal kein investigatives Abenteuer, dafür eine Gangstergeschichte mit massiver Bewaffnung und daher Schusswaffen aller Art. Die funktionieren alle regeltechnisch unterschiedlich und stellen den Keeper, mich, vor eine ziemliche Herausforderung. Das hätte richtig stumpf, langatmig und öde werden können. Wurde es aber nicht.

Das Abenteuer bietet viele verschiedene Elemente, Schauplätze und Rollenspielmöglichkeiten. Dazwischen gibt es 90er-Jahre Kinogewalt. Es ist schon ein bisschen Pulp. Es heisst «Last Men Standing». Und ja, das «e» ist korrekt. Das Abenteuer war eine grosse Unbekannte, weil es sich zwar gut auf dem Papier las, was nicht immer bedeutet, dass es auch am Tisch funktioniert. Aber es war perfekt in der Art, in der Ausführung und Länge.

Mega gut gespielt

Dass die richtigen Personen die richtigen Charaktere zugeteilt erhielten, war bestimmt Glücksache. Ich kannte die Spielenden kaum oder gar nicht. Aber ich hatte den richtigen Riecher und traf voll ins Schwarze. Alle konnten sich gut mit ihrer Rolle identifizieren und haben ihre Charakterzüge konsequent ausgespielt, selbst wenn dies zu so manch bizarrer Szene führte. Und was taten die anderen damit, wenn einer aus dem Rahmen fiel? (Aus dem Rahmen fallen heisst nicht, über die Stränge schlagen.) Anstatt sich darüber aufzuregen, lachten sie, spielten mit und machten so den Abend zu reinem Gold.

Gut vorbereitet und geleitet

Ich will mich hier nur sehr wenig selbst loben. Und ja, ich hätte noch mehr Stunden in die Vorbereitung stecken können. Am Ende habe ich die Fäden souverän zusammengehalten und an den richtigen Stellen mühelos improvisiert. Die wichtigen Plotpunkte wurden von den Spielenden abgegrast. Ich hatte die richtigen Informationen bereit und die Regeln so weit nachgeschlagen, dass ich selbst für dieses spezielle Abenteuer gerüstet war.

Ich schickte den Spielenden ihre Charakterblätter im Voraus und auch die nötigen Hintergrundinformationen sendete ich ihnen vorgängig zu. Vor dem Spiel erzählte ich ihnen, was das Abenteuer ist, will und soll. Ich glaube, all das führte zu einem gemeinsamen Nenner und schliesslich zum Erfolg.

Grosszügigkeit ist der Schlüssel

Ein Spieler spendete eine ganze Kiste Schokoladensnacks, ein anderer brachte spontan eine Flasche Limoncello, weil wir italienische Ganoven spielten. Ich verschenkte im Gegenzug sehr viel meiner knappen Zeit und Würfel. Am Ende waren wir aber vor allem am Tisch grosszügig miteinander; mit dem Hinnehmen der Aktionen der anderen, dem Akzeptieren meiner Regelauslegung und der Form aller zu spielen. Ich weiss jetzt, dass dies der Schlüssel zu gutem Rollenspiel ist: Grosszügigkeit.

Wenn alle mit dem Flow mitfliessen und niemand sich an etwas stösst. Wenn hingenommen wird, dass dein Charakter von deinem Mitspieler aus Versehen angeschossen wird. Wenn die Schiessregeln «gehandwedelt» werden, dafür der Spielfluss gewährleistet ist… Dann haben alle Spass und all die Kleinigkeiten spielen am Ende keine Rolle. Nein, sie machen die Story sogar ein klein wenig besser. Und hey, um dem Ganzen noch etwas mehr Pathos zu verleihen: Am Ende macht Grosszügigkeit doch auch in einer Gesellschaft das Leben abseits des Rollenspieltisches besser.

Fazit

Es war wie eine Jam-Session mit dir nicht bekannten Musikern. Diese kann auf Anhieb harmonisch sein, alle verstehen sich, es groovt. Oder es spielen zwar alle zugleich, aber jeder für sich. Der Groove dieser Rollenspielrunde war harmonisch. Am Ende war selbstverständlich auch diese Runde keine 100 Prozent perfekt. Falls es so etwas überhaupt gibt. Doch genau die paar Unsauberkeiten, machten sie erst perfekt. Falls dies für Aussenstehende überhaupt Sinn ergibt.

Als die Energie langsam abflaute, machten wir dem Abenteuer ein schnelles, cineastisches Ende, damit alle noch den letzten Bus erwischten. Und auch damit waren alle glücklich und zufrieden. Grosszügigkeit! Selbst wenn das jetzt massiv überhöht klingt: dieser Abend war ein Muster davon, wie es im Leben sein könnte und sollte. Es waren dreieinhalb Stunden Grosszügigkeit, Spass und Glück. Das war Rollenspielgold. Gerne wieder.

Ich möchte erfahren, wenn es neue Artikel gibt!


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