Sind Orks nur grüne Menschen? Sind sie auch noch Orks, wenn sie schön, gebildet und vernünftig sind? Ist das zeitgemäss und korrekt oder nur noch absurd?
Im neusten D&D-Regelwerk, das mit den zwei Jahreszahlen, sind Orks spielbar und die Spezies unterscheiden sich nicht mehr. So handhabt es auch mein Lieblingsregelwerk «Warlock!», die Völker spielen mechanisch keine Rolle.
Obwohl ich den Grundgedanken davon gutheisse, nämlich jeglichen Rassismus zu vermeiden und keine Physiognomik zu betreiben, ist das Resultat davon irgendwie sinnlos. Nämlich Menschen mit anderen Äusserlichkeiten zu spielen. Als ob das Volk, die Rasse, die Spezies nur eine andere Kleidung wäre.
Ein heikles Thema
Menschen kennen keine Rassen. Es gibt verschiedene Herkünfte und äussere Merkmale, doch wir sind alle Menschen. Das soll nicht unterschieden werden. Dafür stehe ich ein. Doch in der Fantasy haben wir eben genau das: menschenähnliche Spezies, die eben nicht Menschen sind, sondern sich von uns unterscheiden. Genau das macht doch den Reiz von Fantasy aus, oder nicht?
Und da ist es dann auch klar, dass diese Unterschiede vielleicht auch zu interessanten Spannungen und Vorurteilen führen. Diese lassen uns im Rollenspiel genau die Situationen spielen, die wir im wahren Leben nicht haben wollen. Wir können uns unserer Emotionen und Vorurteile bewusst werden, uns klar werden, was in Ordnung ist und wo die Grenze überschritten wird. Das ist gut. Finde ich.

Meine Definition von Orks
Ich liebe Orks. «Meine» Orks sind die von Warhammer, Grünhäute. Oder auch die von Warcraft, wenn sie mit Durotan auch schon zu menschlich sind. Oder die von Tolkien. So wie er sie beschrieben hat, nicht so, wie sie in den Filmen vorkommen; schon gar nicht in den Hobbit-Filmen. Pfui.
Meine Faszination von Orks ist diese Wildheit, diese dunkle Bedrohung und diese rohe Kampfeslust, die wir Menschen nicht verstehen und um jeden Preis vermeiden wollen. Das ist gefährlich und es bleibt nichts übrig, als sich zu verteidigen, weil diesen Kreaturen mit Vernunft nicht beizukommen ist. Das habe ich mehrmals beschrieben.
Orks: Sie scheuen den Kampf nicht, definieren sich sogar darüber, prügeln sich untereinander und machen den Platz des Anführers durch Intrigen und blutige Kämpfe aus. So wie auch die Skaven bei Warhammer. Orks sind muskulös, aber nicht wie Conan der Barbar frisch aus dem Gym und Ork-Frauen, falls es diese gibt, sind niemals sexy. Schau dir die Orks auf dem Cover des Mittelerde-Rollenspiels «Überfall im Düsterwald» an, siehe Hauptbild dieses Beitrags. Niemand käme auf die Idee mit diesen Kerlen zu diskutieren, geschweige denn gemeinsame Kinder zu zeugen.

Der schönste Ork, der jemals lebte
In der anstehenden vierten Kampagne von Critical Role spielt Liam O’brien einen Ork namens Halandil Fang. Nun ist dieser Ork, nach neusten D&D-Regeln und Critical-Role-Manier ein gutgebauter Schönling mit vollem Haar. Er entspricht unserem menschlichen Schönheitsideal so sehr, dass er als Model durchgehen würde und Schauspieler in Hollywood werden könnte. Er ist schöner als der Durchschnittsmensch. Er ist ein menschlicher Beau mit grüner Haut und Hauern. Wo bleibt da der Sinn? Ganz abgesehen davon, dass bei mir jeder Elf Halandil heissen könnte, aber kein Ork.
Side note: Vielleicht ist der schöne Halandil auch «nur» ein Halbork, auch das eine schräge Erfindung, die den Spielenden die Möglichkeit geben sollte, Orks zu spielen, bevor man den Mut hatte, Orks komplett aus dem Monster Manual zu streichen.
Nur oberflächlich anders
Wenn Orks, Elfen, Tieflinge und Drachenblütige in jede Schenke gehen können, ohne schräg angeschaut zu werden, dann ist die Spezies rollenspielerisch und mechanisch nur noch reine Kosmetik und hat keinen Einfluss mehr, wie wir spielen oder angespielt werden.
Wenn es am Ende so ist, dass wir alle eigentlich Menschen spielen, die einfach nur eine andere Bezeichnung, grüne Haut, spitze Ohren oder einen Bart haben, dann geht der Fantasy mächtig etwas verloren. Es ist zwar dann politisch korrekter, aber das wars auch schon. Es bleibt weniger Raum für soziale Experimente, Interpretation und Fantasie.

Wir bleiben Menschen
Dann folgt natürlich die Diskussion, dass wir ja sowieso nur Menschen spielen können, weil wir ja nicht wissen, wie Elfen und Zwerge überhaupt sind. Wenn wir etwas von ihnen «wissen», dann nur zwei, drei klischierte Eigenschaften. Das stimmt schon. Aber genau das ist doch das Interessante. Unbekanntes Territorium, die Möglichkeit zur eigenen Interpretation, zum Ausprobieren. Denn dafür ist Rollenspiel ja da. Wir wissen ja auch nicht, wie ein Magier, ein Ritter oder ein König sich verhalten würde. Auch das basiert alles nur auf Klischees. So what?
Ein grüner Mensch
Am Ende läuft es immer auf dasselbe raus. Jede und jeder soll Rollenspiel so spielen, wie es ihr/ihm guttut. Mir sind Orks, die jeden Schönheitswettbewerb gewinnen würden, zuwider. Mir sind Orks die einen Namen tragen, um den Elfen sie beneiden, suspekt. Mir sind Orks, die Kleidung tragen, die jeder Barde für seinen Auftritt anziehen würde, zu bizarr. Und wenn am Ende nur ein überdurchschnittlicher Mensch mit grüner Haut bleibt, wozu ihn dann Ork nennen?

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